Wie sieht die Zukunft der Alpen aus? Was wird aus dieser 'extremen' Landschaft Europas mit ihren heute massiven Problemen zwischen technischer Übernutzung und Entvölkerung? Um die Evolution dieser besonderen Landschaft zu verstehen, muss man wissen, was die Alpen waren und wie die Bilder entstanden sind, die wir von ihnen haben. Claude Reichler wirft einen Blick zurück in die Geschichte der Wahrnehmung der Alpen: Bei ihrer 'Entdeckung' durch die ersten Alpenreisenden und noch lange danach wurden die Alpen mit einer Mischung aus Begeisterung und Furcht wahrgenommen; man interpretierte Merkwürdiges in die grandiosen Landschaften hinein, entwarf Bilder von ihnen, ließ sie neu noch wunderbarer und noch furchtbarer werden. Das Buch erzählt die Geschichte der alpinen Landschaft vom 18. bis ins 20. Jahrhundert, die Wandlungen ihrer Wahrnehmung von der reinen Betrachtung über die Mythenbildungen bis zur Eroberung. Es dechiffriert künstlerische Darstellungen (etwa eines Caspar Wolf) und sprachliche Zeugnisse (von Horace Bénédict de Saussure, dem Montblanc-'Entdecker', bis zu den schweizerischen Réduit-Ideologen) und kommt schließlich an bei Max Frischs Dekonstruktion des alpinen Mythos. Mit farbigen Reproduktionen historischer Alpendarstellungen.
Die Reisenden der Aufklärungszeit durchwanderten die Alpen in der Überzeugung, in die Vergangenheit, ins Goldene Zeitalter zurückzukehren. Wie entstand der Mythos Alpen im 18. Jahrhundert und warum griff er so rasant um sich? Claude Reichler legt eine Kulturgeschichte der alpinen Landschaft seit ihrer "Entdeckung" durch die europäischen Eliten vor.
Die Beschreibung eines Bildes, eine Sammlung von Stichen, Reiseberichte, eine politische Zeremonie, ein Traktat über die Weidewirtschaft, ein Landschaftspark - all diesen Gegenständen und Ereignissen spürt der Kulturwissenschaftler anhand von zentralen literarischen Texten und bildlichen Darstellungen nach. Unter anderem nimmt er Bezug auf die Alpenbilder von Caspar Wolf, auf die Reiseberichte von Horace Bénédict de Saussure und Johann Wolfgang von Goethe und nicht zuletzt auf einige Werke Max Frischs, die den alpinen Mythos dekonstruieren wollten.
Zentral ist die Erkenntnis, dass es historisch nicht (nur) die Schweizer waren, welche ihrer Berglandschaft eine neue kulturelle Bedeutung zumaßen: Der
Mythos Alpen entstand im europäischen Kontext, er ist nicht ein schweizerisches, sondern ein europäisches Phänomen.